Tafal vs. Sceptre - lohnt sich Selberbauen?

Tafal vs. Sceptre - lohnt sich Selberbauen?

Beitragvon audioviel » So 7. Mai 2017, 20:11

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Zwei Lautsprecher, die äußerlich relativ ähnlich und doch grundverschieden sind. Zwei Wege erkennt man von vorne, die Tafal nutzt aber kein Bassreflex-Rohr, sondern eine Passivmembran auf der Rückseite, um die Effizienz im Frequenzkeller zu optimieren. Die Ruark Sceptre verbindet zwei Chassis von Morel mit Textil - bzw. Papiermembran, die Tafal kombiniert Metall-Treiber: einen Hochtöner von SEAS und einen Tiefmitteltöner von Visaton - beide sind Ausnahmetalente in ihrem jeweiligen Arbeitsbereich und gelten zu Recht als High End Klassiker der LS-Konstruktion.

Ich würde über beide LS sagen, dass sie Grenzen in ihrem Ursprungssystem darstellen. Ein Vergleich dieser sehr verschiedenen Systeme kann daher die Frage beantworten, ob sich der Selbstbau von Lautsprechern lohnt - oder lohnen kann. Die Sceptre als kommerzielles Produkt muss durch ihren Verkauf Profit erzielen, Werbung finanzieren und Jobs erhalten, die Tafal als DIY-Produkt existiert einfach nur, weil ein Tonmeister namens Rainer Feile aka ton-feile innerhalb überschaubarer Materialkosten das maximale Klangpotential rfreisetzen wollte. Die Wertschöpfungsketten weisen also signifikante Unterschiede auf. Für ein Paar Sceptre waren 1999 um 1600 DM zu zahlen, ein Paar Tafal kosten den Nachbauer momentan um die 550 Euro plus Arbeitszeit, zudem ist der zu fräsende Radius an der Schallwand nicht trivial; meines Wissens erfordert dies einen Fräser mit 12mm-Schaft, also Profi-Werkzeug, das nicht jeder besitzt. Für einen Schreiner ist das natürlich ein Pausenfüller…

Was ist zum Klang der Boxen zu sagen? Beides sind audiophile Wandler, mit denen man jede Art von Musik genießen kann. Dynamisch sind keine Wunder zu erwarten, die Membranfläche ist eben bauartbedingt begrenzt. Man sollte sie eher in kleinen bis mittelgroßen Räumen einsetzen, maximal 20 qm würde ich als sinnvoll ansehen. Beim Hörvergleich hat die Tafal die Sceptre unerwartet deutlich distanziert. An beiden Frequenzenden war mehr Substanz vorhanden, die Tonalität war natürlicher und das Klangbild wirkte feindynamisch wesentlich strukturierter. Vivaldis Vier Jahreszeiten, in der Version von Max Richter, werden mit der Tafal wahrhaft ein Himmel voller Geigen. Der Vergleich beider LS war hochspannend und meine Initiierung für den Lautsprecher-Selbstbau. Die Tafal ist ein klarer Beweis dafür, dass man im Fertigboxen-Bereich für dieses Budget nichts auch nur annähernd Vergleichbares erwarten kann. Der Spaß, den man beim Bauen hat und die Möglichkeiten, Farben und Oberflächen dem eigenen Geschmack und Wohnstil anzupassen, sind mit Geld sowieso nicht zu verrechnen. Seit der Tafal ist mir klar, dass ich mit Lautsprechern von der Stange nicht mehr glücklich werden kann. Gebaut habe ich sie nicht, aber sie war eine perfekte Weiche in meine DIY-Zukunft mit progressiver Klangkultur: zwei Boxen, drei Gewinner!

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