Fasan: pegelfeste Kompaktbox

Fasan: pegelfeste Kompaktbox

Beitragvon Tron » Fr 31. Jul 2020, 19:12

Das Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen ist bekannt, doch Lautsprecherverrückte stören sich nicht daran. Warum denn auch? Mit jedem Projekt wächst die Erfahrung, das ist unbestreitbar. Und Erfahrungen kann man nicht genug sammeln.

Aber wie kam es nun zu genau diesem Projekt? Nun, weil sich die Möglichkeit dazu ergab. Der Omnes Audio Exclusive 6 ist derzeit im Ausverkauf günstig erhältlich, der Wavecor TW030WA11 war noch vorhanden und die massive Schallwand konnte ich, der Zufall wollte es so, bei einer Gelegenheit für einen kleinen Obulus bekommen. Lediglich den Ausschnitt für den Hochtöner musste ich anpassen.

Und warum pegelfest? Nun, beide Treiber sind keine Kinder von Traurigkeit. Der Tiefmitteltöner hat eine steife Membran, schafft laut Datenblatt ordentlich Hub und fühlt sich auch richtig massiv an. Der Hochtöner ist bekannt für seine Breitbandigkeit. Theoretisch ist er ab 1 kHz einsetzbar, wenn man sich nur den Klirr anschaut. In der Praxis kommt noch das Rundstrahlverhalten hinzu. Sinnvolle Trennungen liegen dann eher bei ca. 2 kHz, und so ist es hier auch angedacht. Dann ist der Bass der Engpass. Damit dieser mithalten kann, wird die Konstruktion ein BRHP: Ein Bassreflexkanal erhöht den Wirkungsgrad im Nutzbereich, während ein Vorkondensator diejenigen ganz tiefen Frequenzen abschneidet, die ohnehin nur Probleme machen, und zwar in vielerlei Hinsicht.

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Tron
 

Re: Fasan: pegelfeste Kompaktbox

Beitragvon Tron » Sa 8. Aug 2020, 21:16

Deep Purple in Konzertlautstärke hören - diesen Wunsch vernehme ich im Zusammengang mit Klangbeschreibungen wieder öfter. "In Concert" war eine Sendung der BBC. Deep Purple waren Anfang der 70er dreimal zu Gast. Sie galten zu dieser Zeit sogar als "Loudest Pop Group". Das Guinness-Buch der Rekorde bescheinigte ihnen 1972 ohrenbetäubende 117 dB, drei Konzertbesucher wurden dabei ohnmächtig. 1985 wollten sie das beim Knebworth-Festival toppen, doch das wurde ihnen von den Behörden untersagt. Selber durfte ich Deep Purple einige Male live erleben, zuerst 1993 mit einem noch rebellischen Ritchie Blackmore und zuletzt vor einigen Jahren, inzwischen hatte Steve Morse bereits mehr Konzerte mit der Band gegeben als sein legendärer Vorgänger.

Nun, eine Tonkonserve ist eine Illusion alldessen. Weder kann sie die Stimmung einfangen noch kann man sie in Konzertlautstärke abspielen. Das geben die allermeisten Hifi-Anlagen schlichtweg nicht her, und so werden Tonträger üblicherweise für eine Abhörlautstärke von 80 bis 85 dB gehörrichtig abgemischt. Das ist bereits laut, aber noch kein Vergleich zu einem richtigen Konzert, nach dem einen noch tagelang die Ohren pfeifen.

Verabschieden wir uns also von der Utopie, die Lieblingsband in Originallautstärke ins Wohnzimmer holen zu wollen, sondern widmen uns stattdessen der realistischen Tonwiedergabe in heimischen Gefilden. 85 dB gilt es im Mittel am Hörplatz zu erreichen, und zwar in einem Frequenzband von gut 40Hz bis 20 kHz. Bis dahin muss es klingen, ohne hörbaren Klirr oder Intermodulationsverzerrungen, wie sie bei hoch getrennten Zweiwegern entstehen, wenn der Tiefmitteltöner zu stark auslenkt. Die eben genannte Obergrenze von 20 kHz ist recht glatt, aber dennoch willkürlich gewählt. Es könnten auch nur 16 oder gar 12 kHz sein. Für Hi-Res müssten es jedoch 40 kHz sein. Das ist ein unwillkommener Anlass für eine Kontroverse. Die Untergrenze ist aber aus raumakustischer Erwägung weniger umstritten. Unter 40 Hz liegt in den meisten Zimmern die erste Raummode. Diese gilt es zu kompensieren oder - wenn das mangels DSP nicht möglich ist - zu umschiffen. Die definierte Untergrenze erlaubt aber auch Reserven für Dynamiksprünge über 85 dB hinaus - pegelfest eben. Die Rechnung ohne den Wirt macht man aber, wenn man die gesetzte Untergrenze nicht auch einhält. Dazu muss bei BRHP die Abstimmung passend gewählt werden: Das Bassreflextuning erfolgt recht tief mit sanft abfallenden Frequenzgang und der Vorkondensator hebt dann leicht oberhalb der Resonanzfrequenz noch etwas an. Darunter schützt er, Signale unter 30 Hz führen dann nicht gleich zum totalen akustischem Kurzschluss mit anschlagender Membran. Überschwingender Hochpass nennt sich das. Die finale Abstimmung erfolgt am Hörplatz, denn im Bass haben der Raum und die Aufstellung ein Wörtchen mitzureden. Ein linearer Frequenzgang im Freifeld bis in die Tiefbassregion ist daher auch nicht anzustreben, -6 dB bei 40 Hz erscheinen mir hier als erster Anhaltspunkt praxisgerechter. Die Bassreflexöffnung ist als Schlitzport ausgeführt, so dass die Abstimmung nachträglich noch mit Einschüben angepasst werden kann, Bernd Timmermanns erklärt dies in der aktuellen Hobby-Hifi 5/2020 und ich mache das auch schon seit einiger Zeit so. Denn eine Bassreflexabstimmung lässt sich nicht wirklich treffend simulieren. Es gibt zwar für die unterschiedlichen Positionen und Ausführungen der Bassreflexöffnung Korrekturfaktoren, die auf drei Stellen nach dem Komma genau sein sollen, doch kann es mit der Genauigkeit nicht weit her sein, wenn diese Faktoren je nach Quelle stark unterschiedlich sind. Es ist also doch nicht so einfach mit dem Loch im Gehäuse. Und manchmal schmeichelt eine Lehrbuchabstimmung dem Ohr einfach nicht. Nur gut, wenn man dann noch anpassen kann.

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Tron
 

Re: Fasan: pegelfeste Kompaktbox

Beitragvon Tron » So 18. Okt 2020, 12:12

Groß ist das Interesse ja nicht, doch will ich auch nicht mittendrin abbrechen.

Bei der Beschaltung zeichnet sich eine Trennung bei ca. 2 kHz mit 18 dB/Okt. ab. Dazu benötigt der HT ein Filter dritter Ordnung, während der TMT mit einem Filter zweiter Ordnung auskommt, welches im Parallelzweig noch eine kleine Spule in Reihe zum Kondensator bekommt. Den Tipp habe ich hier aus dem Forum und seitdem mehrfach beherzigt. Die Resonanz der Hartmembran lässt sich damit hervorragend bedämpfen. Über einen Widerstand könnte die Flanke noch feinjustiert werden, in dem Fall landen wir bei einem Filter erster Ordnung mit Saugkreis, wenn man so will.

Technisch wären Trennungen von etwa 1 bis 2,5 kHz möglich. In dem Bereich bündelt der TMT schon leicht, der HT dagegen fast gar nicht. Constant Directivity wird's nicht werden, aber mit einer leichten Senke im Übernahmebereich sollte es energetisch passen.
Tron
 

Re: Fasan: pegelfeste Kompaktbox

Beitragvon Tron » Mo 11. Jan 2021, 02:22

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Langsam geht es weiter, aber es geht. Das Gehäusefinish ist noch nicht final, was daran liegt, dass die Baumärkte derzeit geschlossen haben.

Die Weiche ist fertig entwickelt, nachdem im Laufe der Woche die Teile kommen, wird sie auch fertig aufgebaut. Die Topologie entspricht dem o.g. Strickmuster, nur bin ich wieder bei der kleinen Kapazität über der Spule des Tieftöners gelandet (wie schon seinerzeit mal bei der Tron-Box mal probiert und für gut befunden). Die Trennfrequenz liegt bei ca. 1,6 kHz, etwas tiefer als mal angedacht.

Der TW030WA11 gefällt mir am besten ohne Schallwand. Ich hatte ihn mal vor einem Jahr spaßeshalber nur grob beschaltet auf einer anderen Box liegen und deren HT abgeklemmt. Das hatte Potenzial und machte Lust auf mehr. Die Fasen sind somit ein Kompromiss aus Optik und Klang. Ein Aufsatz wäre klanglich noch etwas besser, aber scheidet aus optischen Gründen aus.

Ich bin aber auch so klanglich zufrieden. Interessiert verfolgt hatte ich, was MBU mit dem Omnes Exclusive 6 anstellt. Bei seiner Luthien gab es mehrere Konzeptänderungen, aber gesetzt war immer der Omnes als reiner Tieftöner bis 300 Hz, während Gehäuseform und der Breitbänder darüber variierten. Für Schreibtischlautsprecher ist ein solches FAST-Konzept ideal, allerdings kann der Omnes auch raumfüllenden Bass und zudem noch Mittelton. Mit der beim TW030WA11 möglichen (aber nicht immer sinnvollen) tiefen Trennfrequenz sollte sich auch bei kurzer Hörentfernung ein bruchloser Übergang ergeben, und ich möchte behaupten, dass dies auch gelungen ist.
Tron
 

Re: Fasan: pegelfeste Kompaktbox

Beitragvon Tron » Fr 12. Mär 2021, 14:38

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