- Das Testodrom in Ronnenberg
Am 1. März ergab sich kurzfristig die Gelegenheit für einen Lautsprecher-Workshop in Ronnenberg bei Hannover.Gespannt war ich auf die Musik aus der Cheap Trick 273. Deren Beschreibung, wie üblich voll des Lobes, weckt einerseits Interesse, andererseits Skepsis: Was geht für 150 Euro pro Seite? Im Interview einer großen Hifi-Postille hat Karl-Heinz Fink die Frage, was das Wichtigste an einem Lautsprecher sei, mit „Die Tonalität“ beantwortet. Unter diesem Begriff verstehen Hifi-Leute die Verhältnisse der Frequenzbereiche zueinander, also z.B. ob ein Lautsprecher einen Frequenzbereich bevorzugt oder zurückhält. Oft wird Neutralität angestrebt, der Lautsprecher sollte also möglichst wenig am eigentlichen Musiksignal verändern. Dann spricht man von einem „audiophilen“ Lautsprecher. Wie „echt“ eine Box dann klingt, ist damit aber kaum zu beschreiben oder einzugrenzen. Mein Kriterium ist daher der Natur abgeschaut: Wenn ein Lautsprecher eine Geige oder einen Flügel, eine Trompete, ein Saxophon und (Frauen-) Stimmen realistisch simuliert, taugt er was. An diesem Programm muss sich auch die 273 beweisen.
Sie klingt dynamisch, druckvoll und lebendig, sehr agil und knackig im Bass - und braucht dazu sehr wenig Verstärkerenergie. Auch leise macht die Box einen vollwertigen Job. Im Testkeller kann man nur vorsichtige Aussagen zur Räumlichkeit machen; das was zu hören war klang bei entsprechenden Aufnahmen realistisch positioniert. Das Glockenspiel von der Manger Hörtest-CD wurde frisch und artikuliert in den Raum gestellt. Der Klang löst sich gut vom Lautsprecher, man konnte mit geschlossenen Augen nur mit Mühe sagen, wo die Boxen standen, hatte aber einen guten Eindruck von der Position der Instrumente und Stimmen. Mein Vergleich bei Einsteiger-Hifi ist die Celestion 3, eine legendärer und gesuchter Schuhkarton, der in den 90ern für ca. 300 DM (!) zu erstehen war. Der lineare Frequenzbereich war kaum größer als bei einem Telefonhörer, dennoch brachte dieser Winzling das Kunststück fertig, ernsthaft Musik zu reproduzieren. Die 273 verfolgt ein anderes Konzept: Der Frequenzgang reicht an beiden Enden weit, aber sie ist bei den Klangfarben etwas sparsam. Man gewöhnt sich daran - kein Problem. Als die Illu 18 angeleint wurde war allerdings klar, wie eine authentische Tonalität klingt. Der Vergleich zwischen 150 und 550 Euro pro Seite ist unfair - aber nichts ist so relativ wie ein Lautsprecher im alleinigen Test. Das soll die 273 keinesfalls abwerten: Ich habe schon Industrie-Lautsprecher für über 1000 Euro pro Seite gehört, die der 273 nicht annähernd das Wasser reichen können. Eine Illu 18 GL kann von der Stange auch mal fast 2000 Euro pro Seite kosten - nur um die Relationen zwischen Selbstbau und Ladenware zu verdeutlichen. Für den Preis der 273 bekommt man einen Lautsprecher, der für elektronische Musik, verzerrte E-Gitarren und rhythmusbetonte Popmusik Grandioses leistet. Das Ding rockt heftig und dabei diszipliniert! Für das Jazztrio oder Klassik würde ich die 273 ungern einsetzen; dann lieber einen Schuhkarton mit weniger Punch, aber natürlichen Klangfarben. Auf die Schnelle haben wir einen Subwoofer ins Gespann genommen. Der Bass klang substanzieller, verlor aber leicht an Kontur. Wer also unbedingt mehr Tiefbass will und braucht als die 273 liefert, sollte am Sub nicht sparen, denn die Bassqualität zeigt Druck und Kontrolle. Eine Empfehlung für alle, deren Musik auch Live über Verstärker kommt.
Im Hintergrund sieht man übrigens die Pico Lino - einen Breitbänder mit Transmissionline-Gehäuse. Einfach unglaublich, was für ca. 70 Euro aus diesem Gehäuse kommt; höchst bemerkerkenswerte Konstruktion!
Neben der Hifi hat die entspannte Geselligkeit mal wieder klar gemacht, dass gemeinsames Musikerleben noch immer jedes noch so große virtuelle Netzwerk übertrifft. Es hat Spaß gemacht, wird natürlich fortgesetzt und vielen Dank an tomba2580 für das leckere Frühstück
In loudspeakers we trust.