Audiophonics I-Sabre DAC vs. Naim CDX

Dokumentation und Meinungen

Audiophonics I-Sabre DAC vs. Naim CDX

Beitragvon Musi-Fan » Sa 20. Aug 2016, 11:43

No Naim, no music?

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Aus gegebenem Anlass fanden sich drei Hifi-Suchende des Zirkels zusammen. Beteiligt waren die audiophile Perspektive der Physik (Wenn es existiert, kann man es hören), der Elektrotechnik (Wenn man es hört, kann man es messen) und der Sozialen Arbeit (High End muss auch für Normalverdiener erschwinglich sein). Wir wollten der Frage nachgehen, wie groß der Abstand zwischen einem Weltklasse-CD-Player und einer steckbaren DIY-Lösung, die im wesentlichen aus drei Komponenten besteht und deutlich unter 200 Euro kostet, zu bemessen ist. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass alle Ohrenpaare in der Audiometrie auf Hörfähigkeit getestet wurden; dazu folgt später ein Link. Bei der Anfahrt zum Zirkel-Workshop wäre es fast noch zu einem schlimmen Unfall gekommen weil ein anderer Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt missachtet hat. Das hätte böse enden können – aber danach verlief die Fahrt ohne Zwischenfälle. Zu dramatisch? Dann solltest du nicht weiterlesen, denn es kommt noch dicker…

Unser Testaufbau bestand aus einer Naim-Kette, deren Klangpotential von einem CDX (inflationsbereinigt ca. 3500 Euro) gespeist wurde. Die 250er Endstufe versorgt eine Credo Box und einen REL Stentor II Subwoofer – also eine ziemlich seriöse Basis. Die musikalische Software stammt von Hugh Masekelas grandiosem Live-Album; Coal Train wird aus gutem Grund gerne für Hörvergleiche benutzt. Mit diesen Zutaten lässt sich ein fein abgeschmecktes Hifi-Süppchen kreieren. Zunächst hörten wir das Stück von der CD und wähnten uns live im Club. Eine realistisch proportionierte Stimme, Trompete, Bass, Percussion, Schlagzeug, dazu ein gut sortiertes, spontan reagierendes Publikum – passt! Der CDX stand ohne Schwäche souverän auf dem Thron (Rack) und löste das bei audiophilen Freaks ersehnte, zufriedene breite Lächeln aus: Hier wird Musik zum Genuss! Je mehr Fahrt Hugh und sein Zug aufnahmen, desto mehr Bewegung fand auf dem Sofa statt – eine stabile Konstruktion. Doch wir mussten innehalten, schließlich waren wir zum Arbeiten zusammengekommen. Als Signallieferant wurde nun der Raspberry Pi angeleint, der seine Energie aus einem Schaltnetzteil (Handy-Ladegerät) für maximal acht Euro bezog. Auf dem Rücken der Himbeer-Platine war der Audiophonics DAC montiert. Das Ergebnis war ernüchternd, ein vergleichsweise harter Aufschlag. Was jetzt aus den Lautsprechern kam war weit entfernt von Groove und Emotion, ein Schallbrei; nicht Musik, nur Geräusch. Fast hätten wir den Versuch beenden können – aber wir wussten, dass ein DAC, wie jedes Hifi-Gerät, auf „sauberen“ Strom angewiesen ist. Was neben den 230 Volt Wechselspannung an „Schmutz“ aus der Steckdose kommt ist für Hifi-Zwecke pures Gift. Die Hersteller besserer Geräte verwenden großen Aufwand darauf, den Strom vom Schmutz zu trennen, damit die sensible Elektronik ihren Job machen kann. Näheres findest du mit dem Link zur Stromversorgung am Ende dieses Artikels. Mit diesem Vorwissen hatten wir die Absicht, die Energieversorgung des Audiophonics DACs schlackenfrei zu realisieren und benutzten dafür eine zum Betrieb von Handies und Tablets übliche Powerbank. Noch nicht die feine Art, denn so ganz ohne Überwachungs-Elektronik kommt dieser Akku nicht aus, „reiner“ Strom geht noch anders. Aber wenn es funktioniert wäre das richtungweisend. Als Hugh Masekela, so gespeist und bereinigt, vom USB-Stick die Bühne betrat ging denn auch, vorsichtig gesagt, die Sonne auf! Im „Club“ (Wohnzimmer) erfreuten sich über 130 Lebensjahre und einige Dekaden Hörerfahrung an dem Bitstrom, der aus dieser winzigen Plantinenkombi erklang. Da war sie wieder, die verschwitzte Atmosphäre mit den konzentrierten Musikern, die das Letzte aus ihren Instrumenten herausholen um ihr Publikum in Euphorie zu versetzen. Wir kamen aus dem Staunen nicht heraus. Es existiert ein Abstand zwischen dem CDX und der Zwei-Platinen-Kombi - der ist aber so gering, dass sich nur audiophile Erbsenzähler wie wir beschweren. Man kann es auch einfach genießen und sich freuen, dass die winzige Veränderung (Ladegerät -> Powerbank) an der „Digitalquelle zum Flohmarktpreis“ den Abstand zu einem Weltklasse-Player derart reduzieren kann. Der Audiophonics DAC war so nah am Naim dran, dass man vermutet, die Ingenieure hätten bei der Entwicklung ein paar Emails aus Salisbury bekommen. Der weltweit geschätzte Naim-Sound basiert auf einem kontrollierten und wohldosierten Bassfundament, dass der DAC fast identisch liefern kann. Klangfarben, Dynamik, Räumlichkeit, ja, das war alles schön. Mit dem CDX sitzt/steht man sozusagen in Reihe eins, mit Audiophonics in Reihe drei. Das macht einen Unterschied, aber bei dem Preis… geschenkt! Ist es denkbar, dass der DAC mit dem CDX auf Augenhöhe spielt? Eher nicht; wir haben zwar eine drastische Steigerung durch die verbesserte Stromversorgung erzielt, aber der Naim ist in allen Teildisziplinen besser und inszeniert die Illusion noch substantieller, greifbarer. Muss er auch wenn man auf das Preisschild schaut. Aber die DIY-Variante folgt ihm mit so geringem Abstand, das ist einfach verblüffend. Die Redaktion einer Illustrierten hat dem natogrünen Feingeist 125 Punkte zugeteilt – in diesem Rahmen hätte der Audiophonics mindestens 103,75 Zähler verdient.

Zu guter Letzt haben wir auch Spotify Premium und die Hifibeere in diesem Setup probiert. Beide ziehen sich achtbar aus der Affäre. Nicht verkehrt, aber die Beere ist vergleichsweise schlank im Bass. Ziemlich sauberer Sound, aber weniger substantiell als der Franzose. Vielleicht etwas für Hörer die sonst Geräte von AVM bevorzugen; sehr „clean“ und messtechnisch ohne Tadel, aber wenig „Drive/Emotion“. Beim Hifiberry war der Unterschied der vier Digitalfilter am interessantesten. Drei davon führen eher dazu, dass ich nach zwei Minuten beschließe, gerade keine Lust auf Musik zu haben. Nur der Vierte („ringing less“), der hat gepasst. Nicht zufällig ist das die Variante, die ich auch Zuhause höre – und die kommt dem Naim-Sound am nächsten. Zufall? Oder eine Geschmacksfrage? Tendenziell beides, aber bei Hifi gilt sowieso: Erlaubt ist was gefällt. An diesem Punkt der Erkenntnis haben wir unsere Suche beendet und waren sehr erfreut, einen großen Hifi-Schatz für so wenig Geld gehoben zu haben. Diesen Fund teilen wir gerne und wünschen viel Spaß – der ist mit dieser Lösung für kleines Geld greifbar nah. Da wir keine Couch-Potatoes sind musste nach soviel Arbeit und Freude mit unserem Hobby noch etwas Livemusik an den Tagesabschluss – doch das findet ihr in einem anderen thread (fred).

Happy listening und genießt eure Musik :D

Rock'n Roll: http://www.hifi-zirkel.de/forum/viewtopic.php?f=2&t=188
Audiometrie-Hörtest: http://www.hifi-zirkel.de/forum/viewtopic.php?f=5&t=152
Stromversorgung: http://www.hifi-zirkel.de/forum/viewtopic.php?f=5&t=33

Edit vom 23.01.2018: Hugh Masekela verstarb heute nach langer Krankheit. RIP
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Re: Audiophonics I-Sabre DAC vs. Naim CDX

Beitragvon Musi-Fan » Mi 14. Sep 2016, 14:15

Die nächste Entwicklungsstufe mit Strom aus einem Fertig-Netzteil von Thel, noch nackig - ohne eigenes Gehäuse:

AudiophonicsDAC_Powered_by_Thel.jpg


Klingt lecker :-P
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