
Das äußerlich relevante Merkmal der Tuningmaßnahme am audiolab sind die beiden WBT Lautsprecher-Terminals. Vier davon würden besser aussehen, aber wozu 50 Euro verschwenden? Man beschränkte sich beim Umbau auf das Wesentliche, die inneren Werte. Im Vergleich mit dem RG 14 aus dem Hause Symphonic Line fällt auf, dass der Brite standesgemäß dezent wirkt. Dicke Frontplatten helfen dem Klang sowieso nicht. Beim RG 14 ist die Lautstärke fernbedienbar - das war's. Auch gegen Aufpreis ist nicht mehr Komfort zu bekommen. Der Drehknopf zur Quellenwahl erfordert mehr als Feingefühl, denn definierte Arbeitspunkte, an denen der Schalter einrastet, sucht man leider vergeblich. Vielmehr rutscht er über die Schaltpositionen hinweg, man muss "seine" Quelle eben "hinfummeln". Bemerkenswert bei einem Gerät, das "seit 10 Jahren Arbeitsgerät der Redaktion" (STEREO) ist. Erfahrene Käufer bevorzugen Lautsprecher (LS) mit hohem Wirkungsgrad, also 85dB oder mehr; das macht Wattboliden als Verstärker überflüssig. Der RG 14 kann auch LS mit hohem Strombedarf antreiben. Dann kann man mit dem Lautstärkeregler halbwegs leben weil der untere Bereich kaum genutzt wird, denn hier, im leisen Bereich, ist das Poti hypersensibel. Mit der Fernbedienung (FB), deren Plastikkörper mit bunten Gummitasten besetzt ist, kann man bei geringen Lautstärken keinesfalls eine feinfühlige Regelung erreichen. Meine aktuellen LS haben einen Wirkungsgrad von 90db und ich war echt genervt von der Unfähigkeit des RG 14, eine adäquate, feine und reproduzierbare Lautstärkeregelung zu ermöglichen. Den gewünschten Zielpunkt zu treffen ist selbst bei manueller Bedienung am Gerät im Bereich von Zimmerlautstärke eine Glückssache.
Audiolab geht einen anderen Weg: Sowohl die Wattzahl als auch das Gehäusedesign ("Panzerung" - in englischen Foren wird der RG 14 gerne als "german tank" bezeichnet) fallen moderat aus. Dennoch erreiche ich mit dem 8300A eine Lautstärke, die Livekonzerten angemessen ist - und ich meine nicht Kammerjazz. Auch eine Gibson Les Paul oder ein hart bearbeitetes Drumset dürfen authentisch klingen; kein Problem mit dem flachen Engländer. Am audiolab finde ich zur Pegelregulierung ein Stellrad das keinen Anschlag hat, sondern feine Rastpositionen. Damit kann man schnell und präzise regulieren. An der ebenfalls aus Hartkunststoff bestehenden Fernbedienung sind die Tasten aus Plastik, was ich angenehmer (und haltbarer) finde als Gummi. Letztlich nicht relevant - meistens wird alternativ eine programmierbare FB eingesetzt. Der 8300A bietet vier Betriebsmodi: integrierter Vollverstärker, auftrennbar in Vor- und Endstufe, nur Vor- oder Endstufe. Bei Rolf gibt es das auch, aber gegen einen saftigen Aufpreis. Zudem finden sich am 8300A zwei Pre-Ausgänge; praktisch wenn man die Auftrennung nutzt und gleichzeitig einen Subwoofer betreibt. Ein symmetrischer XLR-Eingang ist auch vorhanden (kostet bei Rolf extra...). Auch Vinyl-Hörer können ihre Quelle anschließen, als Digitalhörer brauche ich dies nicht. Hier hätte ich mir ein als Option erhältliches Modul gewünscht, so bezahle ich Hardware die ich nie benutze. Das Display am audiolab ist abschaltbar; nicht zu klein, nicht zu hell, informativ und gut lesbar. Mir gefällt auch, dass man im Betrieb kein Logo erkennt und ich weiß ja, was ich gekauft habe. Der Betrieb wird über eine dezente rote Diode und das Display angezeigt - well done! Wir haben hier kein Gerät um Nachbarn oder Freunde mit dem "Ich kann's mir leisten, ...meine Yacht, mein Jet." usw. zu beeindrucken, aber dazu später. Die Stromversorgung erfolgt über eine Kaltgerätebuchse mit Phasenkennung, was bei Geräten in dieser Klasse leider auch kein Standard ist. Zum Einschalten kann ein Knopf an der Front benutzt werden, wenn man die Kraftquelle aus dem Standby, der automatisch nach einigen Minuten ohne Signal stattfindet, wieder erwecken will. Alles sehr funktional und preiswürdig.
Wie klingt der Brite, wie fällt der Vergleich aus? Bei beiden Geräten kenne ich die verfeinerte Variante, der Abstand zum Seriengerät ohne "Edition" oder "mod." - Zusatz wäre interessant, ist aber nicht Gegenstand dieser Betrachtung. Nachdem ich mehrere Jahre mit dem RG 14 gehört habe, kam ich von dem Eindruck der Konserve nicht richtig frei. Immer hatte ich so ein Gefühl, dass etwas fehlt. Wieviel gefehlt hat wurde mir bei Freunden oder in dem einen oder anderen Hifi-Geschäft klar - und eben nachdem der audiolab neben dem "tank" stand. Das Umstöpseln der Kabel auf den Engländer wirkte erfrischend: Die Auflösung des Klangbildes, die Räumlichkeit und Ortungsschärfe der Instrumente nahm zu, das Ein- und Ausschwingen der Töne klang authentischer (als regelmässiger Besucher von Livekonzerten, Proberäumen und einer Musikschule habe ich ein gut kalibriertes Gehör). Punch und Kontur im Bass - aber ja doch! Seidige Höhen ohne Schärfe? Bestens abgestimmt. Stimmen mit realistischem Brustkorb? So und nicht anders! Als Hörer finde ich den Verstärker am besten, der klingt als sei er nicht vorhanden. Das erreicht nur einer der Kombattanten und ich meine nicht das Schwergewicht. Es gibt neben den mehr oder weniger originellen, aber streitbaren Metaphern ein normatives Kriterium zur Validierung des Klangpotentials: Wenn der Abstand zwischen guten und sehr guten Aufnahmen größer wird kann man nicht mehr diskutieren. Es ist evident, dass der RG 14 dem 8300A nicht das Wasser reichen kann. Um es kurz zu machen: Der 8300A zieht mit einer Lässigkeit am RG 14 vorbei, die spontane Freude auslöst. Er ist für meine Ohren in allen Hifi-Disziplinen der bessere Verstärker, taugt allerdings nicht als Angeber-Gerät. Ich will genau diese "bescheidenen" Parameter und konnte für den RG 14 schnell einen Käufer finden.
Wertstabil sind die mit Marketing-Superlativen der protegierenden Presse aufgeladenen Geräte aus Duisburg schon, aber Musik höre ich ab sofort mit einem Engländer, der optisch durch schlichte Eleganz überzeugt und klingt als existiere er nicht. Rolf Gemein wird gerne als "Hifi-Urgestein" bezeichnet - das kann man wörtlich nehmen, denn Innovationen und reelle Preise liefern andere. Wie muss man es einordnen, wenn eine Redaktion über ein Hifi-Gerät schreibt, dass sie "seit 10 Jahren" mit diesem Gerät arbeitet, wenn für weniger als die Hälfte des Kaufpreises eines RG 14 ein akustisch und funktionell klar besseres Gerät zu bekommen ist? Ein Hifi-Verkäufer hat mal gesagt, "Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit." (im Original von Friedrich Schiller), der 8300A bleibt, das ist eine Dauerfreundschaft! Wer meine Eindrücke mit den eigenen Ohren validieren will sollte es tun: Die Geräte von Stephan Horwege sind für einen fairen Preis leihbar - viel Spaß. Ein kleiner Hinweis zum Schluß: Der Autor hat keine Interessenkonflikte (siehe oben).
Edit vom 29.03.2020: "Das Geld wird im Handel aber auch nicht mit ehrlicher Aufklärung verdient, dann wären die Leute ja mit wenig Geld schnell am Ziel

" (Zitat von BiGKahuunaBob)
Genießt eure Musik, am besten preis-wert und stay tuned
